Mittwoch, 12. Oktober 05 | Abfahrt von der Schule |
Donnerstag, 13. Oktober 05 | Flug nach Thessaloniki |
Freitag, 14. Oktober 05 | Thessaloniki - Pella - Vergina - Kalampaka |
Samstag, 15. Oktober 05 | Meteora-Klöster - Delphi |
Sonntag, 16. Oktober 05 | Delphi - Brücke zur Peloponnes - Strandhotel |
Montag, 17. Oktober 05 | Olympia - Nauplion - Tolon |
Dienstag, 18. Oktober 05 | Epidauros - Mykene - Athen |
Mittwoch, 19. Oktober 05 | Athen - Thessaloniki |
Donnerstag, 20. Oktober 05 | Thessaloniki - Rückflug - Rückfahrt zur Schule |
Die Fahrt nach Leipzig war völlig problemlos, auch am
Flughafen ging alles ganz hervorragend. Der Flug war wunderschön, toll Dresden
in der Nacht von oben zu sehen, Anflug auf Thessaloniki über das Meer, am
Horizont das Morgenrot. Abholung hier am Flughafen ging auch gut. Wir sind gut
versorgt. Das Hotel liegt direkt am Strand. Griechisch lesen geht nicht
schlecht, aber sprechen geht gar nicht.
Die Leute hier sind ziemlich unfreundlich, die Männer laut
und rechthaberisch. Aber das mag im Landesinneren anders sein ... jedenfalls
ist es hier schön.
Der Aufbruch im Hotel war nicht schön, da wir uns wegen eines Missverständnisses um eine Viertelstunde verspäteten, was zu einem stillen Vorwurf unserer Reisegruppe führte. Wir hatten beim Frühstück gesessen und unser Gepäck noch auf den Zimmern und warteten auf unseren Reiseleiter. Der hatte sich aber nicht richtig vorgestellt, so dass wir nicht wussten, wo er war. Als er dann plötzlich auftauchte und zur Eile mahnte, war es natürlich für uns zu spät. Im Bus sind wir dann entsprechend unfreundlich empfangen worden.
Wir haben einen ziemlich grimmig guckenden Reiseführer, der aber ungeheuer viel weiß und uns hervorragend führt. Wir waren in Pella und sahen die Ruinen des Palastes von Philipp II, dann fuhren wir nach Vergina und sahen das Grab Philipps, toll, absolut beeindruckend, Kunstschätze in unvorstellbarer Schönheit, der Vortrag des Reiseführers hervorragend. Danach die Fahrt durch die makedonische Ebene und durch Thessalien, absolut beeindruckend, Berge von grosser Kargheit und Würde; die Landschaft insgesamt sehr karg. Viele Baumwollfelder und Traktoren mit Anhängern voller geernteter Baumwolle. Zuletzt am Fuße der Meteora-Klöster, Felsen mit Klöstern im wahrsten Sinne erhaben.
Heute der dritte Tag der Griechenlandfahrt. Wir waren in zweien der Meteoraklöster, sehr beeindruckend, natürlich mit wunderbarem Blick von oben.
Gegenüber dem orthodoxen Ritus ist die katholische Messe eine demokratische Veranstaltung. Es gibt in den orthodoxen Kirchen eine Wand, die Ikonostasis heißt, und die den Priester bei seinem Gottesdienst vollkommen von der Gemeinde trennt. Der Kontakt zur Gemeinde wird durch den Kantor hergestellt, der mit dem Priester durch Psalmen kommuniziert. Da ist der Lettner in unseren Kirchen geradezu offen.
Die Architektur und Malerei der Klöster ist bewundernswert. Wir waren in einem Nonnenkloster und einem Mönchskloster. Unser Reiseführer erwies sich wieder als kompetent, sein Wissen ist nicht angelesen, sondern tief. Auch auf weitergehende Fragen weiß er Antworten, und wenn er mal was nicht weiß, weiß er, wen er fragen muss.
Dann sind wir nach Delphi gefahren. Wir fahren hier überhaupt viel mit dem Bus, es werden am Ende der Fahrt zweitausend Kilometer zusammengekommen sein.
Die Landschaft ist atemberaubend schön, die Meteoraklöster stehen auf Felsen wie die Dolomiten, die Berge sind steil wie die Alpen, wenn auch nicht ganz so hoch, der Olymp nur knapp unter 3000 Metern, aber 1000 Meter fast von Meereshöhe aus gesehen, das ist schon beeindruckend. Heute sind wir durch riesige Olivenhaine gefahren, haben vier Ebenen durchfahren, vier Gebirge, darunter das Pindosgebirge und den Parnass. Meine Schüler schlafen oft, aber ich sage nichts. Nur morgens verschaffen sie mir den halben Herzinfarkt, weil sie auf den letzten Drücker kommen.
Ziemlich früh waren wir im antiken Delphi. Wir waren die ersten Besucher. Unser Reiseführer, Herr Sachos, ist ein Genie. Er hält Vorlesungen von zweistündiger Länge, die so geistvoll sind, dass er auf Jahreszahlen und irgendwelche unwichtigen Einzelheiten verzichten kann. Er sagt auch selbst, dass so oberflächliches Zeug doch wieder vergessen wird.
Toll ist, dass viele Dinge aus dem Griechischunterricht lebendig und vorstellbar werden.
In Delphi ist eine Stimmung, die sofort erklärt, warum dort eine sehr wichtige Kultstätte gewesen sein muss. Vor zwei steil aufragenden Felsen und der dazwischenliegenden Schlucht ist die Anlage errichtet, bei der man sofort alle erzählten Geschichten nacherleben kann und der Kampf zwischen Apollon und dem Python-Drachen konkret vorstellbar wird. Und dazu ein Reiseleiter, der zuerst alles genau erklärt und dann beim Rundgang auf alles hinweist. Es war toll.
Anschließend hatten wir eine unvorstellbar schöne Busfahrt am Meer entlang, teils mit Blick von oben, weil die Felsen direkt vom Meer aufsteigen, teils von unten auf die Felsen, Olivenbäume, blühender Oleander, Rotdornbüsche. Dann über eine Brücke auf die Peloponnes, wieder am Meer entlang und zum Hotel, das diesmal direkt am Meer lag.
In Olympia wieder ein anderthalbstündiger Vortrag unseres Reiseführers im Bus, hervorragend, geschichtlich, geistesgeschichtlich, kunstgeschichtlich, philosophisch. Wenn man sich an seinen finsteren Blick gewöhnt hat, kann man ihm richtig gut zuhören, und seit er weiß, dass er in mir einen begeisterten Zuhörer gefunden hat, ist er auch freundlich und offen zu mir. Als er die Zeusstatue in Olympia beschrieb, war das ein Text von Pausanias, den meine Schüler schon im Übungsbuch übersetzt haben. Später fragte er mich, ob meine Schüler nicht überfordert wären. Als ich ihm das mit dem Übungsbuchtext sagte, freute er sich sehr, lachte, fragte mich über meinen Griechischunterricht aus. Wir haben Spaß miteinander.
Dann waren wir noch ganz kurz in Nauplion, einer venezianische Festung mit einer ganz netten Altstadt. Übernachtet haben wir in Tolon. Tolon ist scheußlich, Touristennepp, gegenüber eine Insel bunt beleuchtet, absolut kitschig, einfach scheußlich.
Unser Reiseführer hat Geist und kann Kunst hervorragend
erklären. In Delphi hat er uns den Wagenlenker erst erklärt und dann gezeigt.
Das war toll. Heute waren wir im Griechischen Nationalmuseum und sahen ein
paar, nur ein paar ausgewählte Sachen. Und es war wieder ganz toll. Er zeigt
uns nur Stücke, die absolut gut sind, weil er meint, dass wir uns mit anderem
nur belasten würden, und er hat Recht damit. Wir sahen also einen Zeus in
Bronze, ein Relief, ein Portrait und noch einen Jüngling in Bronze, zu allem
erklärte Herr Sachos genau und kunstverständig. Seine Vorträge sind kleine
geschliffene Meisterwerke.
Heute morgen Fahrt nach Epidauros, aber wegen einer undisziplinierten Reisegruppe keine Erfahrung der guten Akustik. Mykene, Kuppelgrab absolut beeindruckend, Mauern der Burg gesehen, Ruinen der Burg besichtigt. Man kann sich vorstellen, mit welchem Selbstbewusstsein ein mykenischer König wie Agamemnon aufgetreten sein muss. Das waren Herrscher, richtige Männer, keine Provinzfürsten. Kunstschätze aus Mykene dann im Griechischen Nationalmuseum, wunderschöne Formen, Gold in Fülle. Homer spricht vom "goldenen Mykene", hier sieht man, warum.
Was hier nicht schön ist: Der Dreck am Strassenrand, man stellt es sich nicht vor, der Müll wird einfach aus dem Auto gekippt. Der Straßenverkehr, absolut chaotisch, hektisch. Die vielen Bauruinen, Betonwüsteneien, halbfertige Häuser mit bewohntem Erdgeschoss, die Moniereisen ragen im ersten Stock zum Himmel.
Die Tage hier sind toll, problemlos, ich erfahre viele, viele neue Sachen und kann vieles zu dem ordnen, was ich aus der Literatur schon weiß. Es ist eine richtige Bildungsreise, und ich komme klüger nach Hause, und das ist gut so.
Heute war also unser letzter Tag, wir waren in Athen auf der
Akropolis. Es war gigantisch. Die Propyläen, der Parthenon und das Erechtheion
sind zwar eingerüstet, aber auch so beeindruckend. Und dazu gab uns unser
Reiseführer wieder die nötigen Erläuterungen.
Überhaupt ist Herr Sachos unverzichtbar und unbezahlbar. Er hat uns gelehrt zu sehen.
In Delphi steht der Wagenlenker aus Bronze. Herr Sachos hielt uns dazu, bevor wir ihn sahen, einen halbstündigen Vortrag. Er sagte:
"Der Wagenlenker ist ein Sieger im Wagenlenken. Da die Figur bemalt war, ist ein ganz leichtes Lächeln auf seinem Gesicht zu sehen. Er zeigt eine verhaltene Freude, auch im Sieg hat er das notwendige Maß. Das ist der wahre Adel. Seine Füße sind vom Künstler mit Vollendung geformt worden, makellos, von vollkommener Schönheit. Diese Füße waren nie zu sehen, da der Wagenlenker ja im Wagen stand. Der Künstler schuf diese Vollendung also nicht für die Augen eines Menschen, sondern für die Augen eines Gottes."
Überhaupt hat unser Reiseführer ein festes Weltbild gehabt. Auf die Türken war er nicht gut zu sprechen, 1453 ist ein immer wieder genanntes Jahr gewesen. Aus dem Osten also kam das Schlechte, auch die Perser griffen ja 490 und 480 die Griechen an. Es gab insgesamt drei gute Epochen für die Griechen in den Augen von Herrn Sachos. Das waren die Antike, das christliche byzantinische Zeitalter und die Zeit nach der Staatsgründung 1830.
Dass dieses Weltbild allerdings nicht so ganz homogen war, zeigte sich zum Beispiel in Delphi oder Olympia, wo Herr Sachos darauf verwies, dass diese edlen Kulte mit den vornehmen Göttern durch Intoleranz und durch Verbot im Jahre 393 zugrunde gingen. Dass die Christen diese Intoleranz zeigten, verschwieg unser Reiseführer.
Zum Abschied haben wir ihm 30 Euro geschenkt, mit einem kleinen Dankesschreiben. Er kam an unseren Tisch und bedankte sich formvollendet mit den Worten: "Meine Herren, ich danke Ihnen für ihre Großzügigkeit."
Die Rückfahrt von Athen, 600 Kilometer, war anstrengend.
Noch vier Sprüche zum festen Weltbild von Herrn Sachos. In Delphi im Museum sagte er: "Das ist ein Provinzmuseum, völlig bedeutungslos. Ich zeige Ihnen, was man gesehen haben muss." Dabei betonte er das muss ganz besonders. Und dann zeigte er uns den Wagenlenker aus Bronze. In Mykene im Museum sagte er: "Völlig bedeutungslos, Provinzmuseum. Diese sogenannte Totenmaske des Agamemnon ist gelb bemaltes Blech, das Original ist in Athen. Ich zeige es Ihnen dort. Hier ist alles nachgemacht, eben Provinz. Ich zeige Ihnen hier, was Sie gesehen haben müssen." Und er zeigte uns eine Tafel mit einem Text in der mykenischen Linear-B-Schrift und erklärte uns, dass es sich um das älteste erhaltene Griechisch handelt. Im griechischen Nationalmuseum in Athen sagte er: "Dieses Museum ist völlig chaotisch. Ich zeige Ihnen, was Sie gesehen haben müssen." Wieder betonte er das "müssen". Und er zeigte uns die sogenannte Totenmaske des Agamemnon, jetzt aber die echte, dazu den Zeus aus Bronze, den sogenannten Paris aus Bronze, einen römischen Portraitkopf, Grabsteine aus dem 5. und dem 4. Jahrhundert und ein Pferd mit einem kleinen Kind darauf, was absolut realistisch wirkte, und einige Vasengemälde aus geometrischer Zeit. Dabei erklärte Herr Sachos noch mal die Epochen des antiken Griechentums, die wichtig sind: die mykenische, die geometrische, die archaische, die klassische und die hellenistische.
Nett auch sein dauernder Hinweis auf Alexander, "den man den Großen nennt," und auf seinen Vater Philipp, der diesen Namen wirklich verdient hätte; denn der Vater hat das makedonische Reich durch straffe Führung und Herrschaft erst geschaffen, doch der Sohn hat nur Flausen im Kopf gehabt und ein Weltreich gründen wollen, aber nur Bruchstücke hinterlassen.
Herr Sachos war einfach gut.
Die letzte Übernachtung im Hotel in Thessaloniki wie nach dem Anflug; noch ein netter knapper Tag am Strand und dann der Rückflug nach Leipzig.
Transfer von Leipzig nach Braunschweig in nicht ganz anderthalb Stunden, dann waren wir wieder zuhause.
Es war eine gute Zeit.
Na ja, sechs Männer ...
Bruno Schmitz
Redaktion: Jonas Peltner
Fachgruppe Alte Sprachen
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