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Felix WachWer ist die wahnsinnigste Antigone im ganzen Land?

24.10.2012: WG-Schülerin Anna Krause oder die Wolfsburgerin Stefania Celico? Die Freunde des Griechischen wollten es wissen und sahen sich am 19.10. an, was die Experimentierbühne Wolfsburg unter dem Titel „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da“ auf die Beine gestellt hatte.

Was eigentlich eine Zusammenstellung verschiedener Umsetzungen des Antigone-Stoffes von 442 v. Chr. bis heute sein sollte, entpuppte sich als 90 % Sophokles und 10 % Brecht u.a. und war insofern unerwartet nah dran an der Antigone-Aufführung, die der Griechischkurs mit Herrn Conrad dieses Jahr am WG gegeben hatte.

Nach dem Blick auf die Homepage der Experimentierbühne – www.experimentierbuehne.de – waren einzelne Teilnehmer der Gruppe schon im Vorfeld sehr skeptisch und versuchten, den anderen die Stimmung zu vermiesen – erfolglos. Doch für fast alle von uns waren die ersten zehn Minuten der Aufführung ein leichter Schock: Die Truppe, die nach Methoden von Stanislawski arbeitet, bedient sich durchweg einer etwas manieriert wirkenden, überartikulierten Sprechweise, die an Androiden aus alten Sci-fi-Filmen erinnert: „Ich werrrrde meinen Bruderrr bestattennnnn!“ Merkwürdigerweise gewöhnten wir uns aber alle recht schnell an diese Art zu sprechen und nahmen das dann eher als eigenartigen Reiz wahr – zumal die Präsenz und Perfektion, mit der das Ganze vorgebracht wurde, wirklich bemerkenswert waren - ganz besonders beim Chor, der durchweg wie mit einer Stimme sprach, und zwar exakt. Ich habe streckenweise die Augen geschlossen und ausprobiert, das Ganze als reines Hörstück zu erleben – dann war die Wirkung am stärksten. Bei der Nachbesprechung waren wir uns einig, dass man die Aufführung – mit Einschränkungen – weiterempfehlen kann, besonders denjenigen, die unsere Antigone gesehen oder daran mitgewirkt haben. „Nicht mitzuhassen ...“ ist noch einmal zu sehen heute, Montag, 22.10., in der Brunsviga.

Tja, und der direkte Vergleich? Machtmensch Kreon, am WG von Benjamin Diethelm glaubhaft verkörpert, hatte dort noch eine riesige Portion Eitelkeit in seiner Persönlichkeitsgrundausstattung. Antigone war tatsächlich in ihrem Starrsinn, Hochmut ihrer Schwester gegenüber und dem völligen Mangel an Diplomatie gegenüber Kreon in WOB dem Wahnsinn nahe, während Anna Krause eine menschlichere, traurige Antigone gab, die vorhersieht, dass Kreon so handeln wird, wie er handeln zu müssen glaubt, und die keinen Sinn darin sieht, die Schwester in ihr Unglück mit hineinzuziehen. Auch bei den anderen Rollen gab es teilweise interpretatorische Abweichungen - besonders auffällig beim Haimon, der ein sehr erwachsener, besonnener, geschickt taktierender Sohn war, während York Steifensand die Emotionalität und das jugendlich Aufbegehrende viel deutlicher herausarbeitete.

Vielleicht ist manches einfacher, wenn man erst 17 ist? Aber sahen wir nicht auch mit Jens-Erik Möhle einen Teiresias, der geradezu ächzte unter der Last seiner Altersbeschwerden? Fazit bleibt der Wunsch: Liebe Schülerinnen und Schüler und andere WGler, hoffentlich macht ihr weiter mit dem Theaterspielen auf Deutsch, Englisch, Spanisch ... Griechisch und geht auch auf antike Dramen furchtlos zu!

Ulrike Hauswaldt

 

Antigone-Aufführung am WG 2012

Fachgruppe Alte Sprachen Veranstaltungen der Griechischfreunde

 

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